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Deutsche Apotheker Zeitung: Phase-I-Studie für Influenza-Wirkstoff: Wirtszelle statt Virus als Ziel

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Stuttgart/Tübingen – 16.05.2019, 11:30 Uhr

Die zugelassenen Arzneimittel zur Behandlung der Influenza richten sich gegen virale Strukturen. Das Unternehmen Atriva Therapeutics verfolgt einen anderen Ansatz – einen, der an einem elementaren Wirtszellprotein im Replikationsweg der Influenzaviren ansetzt. In einer klinischen Phase-I-Studie wird er nun getestet. 

Das biopharmazeutische Unternehmen Atriva Therapeutics GmbH mit Standorten in Frankfurt und Tübingen befasst sich mit der Entwicklung von antiviralen Therapien, die gegen Wirtszellen gerichtet sind. Wie nun bekannt wurde, testet das Unternehmen seinen Produktkandidaten ATR-002 jetzt in einer klinischen Phase-I-Studie (EudraCT 2019-000784-25). Damit beginnt die klinische Entwicklungsphase dieses neuartigen, gegen Wirtszellen gerichteten Ansatzes zur Behandlung von Influenzavirus-Infektionen. Die randomisierte, doppelblinde Dosis-Eskalations-Studie wird derzeit in Belgien durchgeführt und untersucht die Sicherheit und Verträglichkeit von ATR-002 bei 60 gesunden Probanden, die in drei Gruppen randomisiert werden. ATR-002 ist ein First-in-Class MEK-Inhibitor, der an einem elementaren Wirtszellprotein im Replikationsweg der Influenzaviren ansetzt. Die potenziellen Vorteile dieses gegen die Wirtszelle gerichteten Ansatzes sollen laut Atriva in einem reduzierten Potenzial für die Entstehung viraler Resistenzen liegen sowie in einem verlängerten Behandlungsfenster – jeweils im Vergleich zu gängigen Therapiekonzepten, die direkt gegen virale Strukturen, wie zum Beispiel die Neuraminidase, gerichtet sind. Laut Mitteilung von Atriva konnten präklinische Daten zeigen, dass die orale Anwendung von ATR-002 zu einer schnellen und langanhaltenden Hemmung des Raf/MEK/ERK-Signalwegs und folglich zu einer Hemmung der Vermehrung von Viruspartikeln im Körper führt. Hier findet sich eine Grafik zum Wirkprinzip. 

Atriva sieht hohen ungedeckten medizinischen Bedarf

Dr. Rainer Lichtenberger, Mitbegründer und CEO von Atriva sieht zum heutigen Zeitpunkt einen hohen ungedeckten medizinischer Bedarf für eine wirksame, sichere Grippetherapie, um akut erkrankte Patienten behandeln zu können“. „Jedes Jahr tauchen neue Grippevirus-Stämme auf, und antivirale therapeutische Ansätze sind oft mit der Ausbildung von Resistenzen und einem kurzen Behandlungsfenster verbunden“, wird er in einer Mitteilung der Firma zitiert.

Die Genehmigung der klinischen Prüfung in Europa und die nachfolgende Durchführung der ersten klinischen Studie am Menschen mit ATR-002 seien bedeutende Meilensteine für das Unternehmen, so Prof. Dr. Oliver Planz, Mitbegründer und CSO von Atriva. Dieser Schritt markiere den Beginn des klinischen Wirksamkeitsnachweises von ATR-002 als potenzielle First-in-Class, einmal täglich einzunehmende, orale Grippetherapie.

Dass an der Einschätzung von Atriva etwas dran ist, zeigt, dass auch andere an neuen Ansätzen gegen Influenza forschen, zum Beispiel an universal wirksamen Impfstoffen. Im vergangenen Jahr gelang hier ein wichtiger Schritt bei der Entwicklung von dauerhaft wirksamen, breitneutralisierenden Antikörpern. Konkret handelt es sich um eine DNA-Vakzine, die ein Gen in menschliche Zellen einschleust und sie so zur Herstellung des entsprechenden Produktes bringt – in diesem Fall eines Antikörpers gegen Hämagglutinin. Diese breit wirksamen Antikörper boten Mäusen Schutz vor einer Vielzahl verschiedener Grippeviren. Zwar wäre immer noch jedes Jahr eine neue Applikation des Impfstoffes nötig, doch die Anwendung könnte als Nasenspray erfolgen. Zudem müsste nicht jährlich ein neuer Impfstoff entwickelt werden.


(C) jb / DAZ.online