06.01.2021, von tt – Read the full article here (German only)
Das Tübinger Biotech-Unternehmen Atriva untersucht unter Leitung der Charité Berlin einen COVID-19-Therapie-Kandidaten in 220 Patienten.
Die Atriva Therapeutics GmbH mit Schwerpunkt in der Entwicklung von gegen Wirtszellen gerichteten antiviralen Therapien, startet eine klinischen Phase II-Studie mit dem Wirkstoff ATR-002, um mittelschwer bis schwer an COVID-19 erkrankte, hospitalisierte Patienten zu behandeln.
Als Studienpopulation sollen 220 Erwachsene rekrutiert werden mit einer mittelschwer bis schwer verlaufenden COVID-19-Erkrankung, die einen Aufenthalt im Krankenhaus, aber keine Beatmung erforderlich macht. Zusätzlich zur medizinischen Standardtherapie erhält die Hälfte der Studienteilnehmer einmal täglich ATR-002-Tabletten, beginnend mit 900 mg an Tag 1 und anschließend 600 mg täglich an Tag 2 bis 6. Die Patienten in der Kontrollgruppe erhalten zusätzlich zur erforderlichen Standardmedikation Placebo im gleichen Verabreichungsschema. Primärer Endpunkt der Studie ist der Wirksamkeitsnachweis von ATR-002 gegenüber der Placebo-ergänzten Standardbehandlung. Alle Patienten werden 90 Tage lang nachbeobachtet.
Atrivas nach eigenen Angaben wichtigster Medikamentenkandidat ATR-002 ist eine niedermolekulare Verbindung, die speziell zur Behandlung von Virusinfektionen der Atemwege entwickelt wurde. Sie hemmt MEK, einen Faktor in der menschlichen Wirtszelle, der für die Replikation verschiedener RNA-Viren, einschließlich Influenzaviren und SARS-CoV-2, erforderlich ist. Zusätzlich zur antiviralen Wirksamkeit hat ATR-002 eine immunmodulatorische Wirkung, die zu einer verminderten Zytokin- und Chemokinfreisetzung führt. Dieser doppelte Nutzen macht den MEK-Inhibitor ATR-002 besonders interessant für die Behandlung von COVID-19: er könnte nicht nur die Virusreplikation hemmen, sondern auch einen Zytokin-Sturm verhindern, der schwere, lebensbedrohliche Krankheitsverläufe verursachen kann. „Es ist das einzige auf den Wirt ausgerichtete antivirale Arzneimittel, das speziell zur Behandlung von RNA-Virusinfektionen der Atemwege entwickelt wurde“, sagte Rainer Lichtenberger, Mitgründer und CEO von Atriva. Das Unternehmen bereite nun Anträge zur Genehmigung weiterer klinischer Studienzentren in anderen europäischen und außereuropäischen Ländern vor.
Atriva ist Mitglied in der Allianz Beatcov. In ihr haben sich vier Biotech-Unternehmen zusammengeschlossen und eine schnelle finanzielle Förderung der Entwicklung von COVID-19-Therapien gefordert. Auf Bundesebene seien mindestens 750 Mio. Euro erforderlich, so die Allianz. Kurz zuvor hatten die bayerischen Regierungsfraktionen im Landtag eine Förderung bayerischer Unternehmen mit 50 Mio. Euro angekündigt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat ein Förderprogramm angekündigt. Die Studie von Atriva läuft allerdings noch ohne nationales Fördergeld, wie eine Unternehmenssprecherin sagte.